mannemer mogel monopol
   Freitag, 25. September 1998    1. Jahrgang / Nr. 1
 Kunst und Kultur
Seite 5 

verlag   impressum   leserbriefe   archiv   aktuell   titel   -zurück   weiter+

Fortsetzung von Seite 1
Das amerikanische Künstlerpaar Jeanne-Claude und Christo mit Detailskizzen ihres neuen Plans, die Innenstadt von Mannheim zu verhüllen
Jeanne-Claude und Christo mit Planskizze
mmm: Jean-Claude, Christo, woran arbeiten Sie gerade?
Christo: An fünf Projekten gleichzeitig. Das interessanteste ist allerdings die Totalverhüllung der Innenstadt von Mannheim. Das ist ein lange von meiner Frau und mir gehegter Traum. Leider machten uns bis vor kurzem die Bürokratie einen Strich durch die Rechnung.
   mmm: Jetzt hat es endlich geklappt?
Christo: Ja, nach weiteren längeren Verhandlungen mit der Landesregierung, dem Oberbürgermeister, dem Stadtrat und dem Einzelhandelsverband konnten wir alle von unserem Vorhaben überzeugen.
Jean-Claude: Und das schönste ist, daß die Stuttgarter Landesregierung sich dabei so stark engagiert.
Christo: Die dort zuständigen Behörden wollten Mannheim schon lange nicht mehr sehen, daher kommt vielen dort unser Vorhaben gerade recht.
mmm: Ist es schwerer eine ganze Innenstadt einzuwickeln, als einzelne Gebäude?
Christo: Nur ein wenig anders. Der Stoff muß für jedes Haus und jeden Straßenzug einzeln zugeschnitten werden. Am Ende sollen da Tausende unterschiedlicher Skulpturen stehen.
   Jean-Claude: In der jetzigen Phase des Projektes üben wir noch. Wir experimentieren gerade mit verschiedenen dünnen und dickeren Stoffen. Die Transparenz und Luftdurchlässigkeit der Materialien spielen für die Bewohner doch eine größere Rolle, wie wir zuerst dachten.
mmm: Sie werden also nicht den gleichen Silberstoff wie bei der Bundesbirne in Bonn verwenden?
Jean-Claude: Nein, sehr wahrscheinlich einen viel dünneren, durchsichtigen.
Christo: Die Japaner benutzen ihn, um empfindliche Geishas vor Wind und Wetter zu schützen. Er spannt sich wie eine Haut über die Bauten und läßt die Details netzstrumpfartig durchscheinen.
mmm: Das klingt ja alles sehr aufwendig. Kann dabei der Ihnen vorgegebene Zeitrahmen eingehalten werden?
   Christo: Das hängt nicht von uns allein ab, sondern auch und vor allem von der Beteiligung der einzelnen Hausbesetzer und Bürger der Stadt.
mmm: Wie teuer wird das letztendlich?
Jean-Claude: Wir wissen es nicht. Für die Umhüllung von Kanzler Kohl brauchten wir am Ende 19 Millionen Dollar. Es wird eben einfach kosten, was es kosten muß.
mmm: Jean-Claude, Christo, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.


Mit Jean-Claude und Christo sprach mmm-Redakteur Alfons Rübsam.


Copyright © Günter Laudenklos 1998-2007
Der Eisbär ist im Netz seit 28. April 1997